18. Mai 1950 bis 18. Mai 2020 - 70 Jahre Behinderten- und Rehabilitationssport in Baden- 70 Jahre BBS
Eigentlich war geplant, den 70. Geburtstag des BBS im Rahmen einer kleinen Feierstunde in der BBS-Geschäftsstelle zu feiern. Die Entwicklung der letzten Monate hat dies leider unmöglich gemacht.
Im Jubiläumsjahr 2020 gehören dem Badischen Behinderten- und Rehabilitationssportverband e.V. (BBS) 363 Vereine mit über 44.000 Sportlerinnen und Sportlern an. Damit ist der BBS der viertgrößte Behinderten- und Rehabilitationssportverband in Deutschland.
Am Anfang des organisierten Behindertensports stand nach den Schrecken des Zweiten Weltkriegs (damals noch Versehrtensport) der Versuch, durch Gruppensport in Lazaretten und Krankenhäusern den Menschen eine gewisse Selbständigkeit zu vermitteln. Es fehlte zwar an Erfahrung und Vorbildern und auch an entsprechender Literatur, doch der Wille der Betroffenen war am Ende entscheidend. Und so gelang es in relativ kurzer Zeit nach dem Ende des Krieges, mit Gleichgesinnten wieder Sport zu treiben. Um 1948 herum bildeten sich bereits die ersten Versehrtensportgemeinschaften, die sich zunächst jedoch meist innerhalb der Turn- und Sportvereine betätigten.
Am 18. Mai 1950 wurde innerhalb des Badischen Sportbunds Nord die Fachgruppe „Versehrtensport“ gegründet, auf die die Gründung des „Nordbadischen Versehrtensportverbandes“ und des Behindertensports in Baden überhaupt zurückgeht. Erster Vorsitzender des Verbandes war Heinrich Melcher (Heidelberg). Ein Jahr später folgte auch Südbaden und gründete offiziell den „Versehrtensportverband Südbaden“ mit Benno Staudacher (Lahr) als Vorsitzendem. In den beiden Versehrtensportverbänden waren zirka 600 Sportlerinnen und Sportler mit Behinderung organisiert.
Einen großen Schritt nach vorne bedeute die Schaffung eines „Rechtsanspruchs zur Erhaltung der Restgesundheit“ für die Kriegsbeschädigten durch das Bundesversorgungsgesetz (BVG) im Jahr 1956. Unter den im BVG beschriebenen Bedingungen wurden die Versehrtensportgemeinschaften anerkannt und konnten fortan einen materiell abgesicherten Übungsbetrieb durchführen. Das Unfallversicherungs-Neuregelungsgesetz brachte dann 1963 für den Personenkreis der Unfallgeschädigten eine Regelung, die die Teilnahme förderte.
1963 schlossen sich die beiden badischen Versehrtensportverbände Nord und Süd zum Badischen Versehrtensportverband zusammen. Erster gesamtbadischer Vorsitzender war Heinrich Melcher. Ihm folgte 1975 Fritz Niesen (Oberkirch), der dem BBS bis 1992 vorstand.
Waren es anfangs fast ausschließlich Kriegsversehrte, die den Verband prägten, so nahm mit den Jahren die Bedeutung der Zivilbehinderten sukzessive zu. Die Änderung des Verbandsnamens 1978 in Badischer Behindertensportverband war die Folge. Auch die Namenserweiterung hin zu Badischer Behinderten- und Rehabilitationssportverband im Jahr 1998 war der Tatsache geschuldet, dass sich die Zusammensetzung der Verbandsmitglieder weiter veränderte und die „Rehabilitationssportler“ zur größten Gruppe innerhalb des BBS wurden.
1980 gehörten dem Verband bereits weit über 100 Vereine mit 5.500 Mitgliedern an, die Woche für Woche rund 200 Übungsveranstaltungen abhielten. Ein wichtiger Grund dieser stetigen Entwicklung war auch die wachsende Förderung der Sport treibenden Zivilbehinderten durch das Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg. Hier wurden zunächst Mittel für Kinder und Jugendliche sowie für Querschnittgelähmte eingesetzt, dann für spezifische Angebote von Frauen mit einer Behinderung und am Ende für alle Sportlerinnen und Sportler mit einer Behinderung. All dies bedurfte auch eines besonderen Einsatzes des Verbandes. So mussten z. B. die notwendigen ÜbungsleiterInnen zur Verfügung gestellt werden. Hierzu waren fünf Aus- und Fortbildungslehrgänge erforderlich.
Das Aus- und Fortbildungswesen des BBS wurde bis in die jüngste Vergangenheit hinein in außerordentlicher Weise von Bernhard Kurz gestaltet und entwickelt (im Jubiläumsjahr sieht das BBS-Lehrgangsprogramm 60 Lehrgangsmaßnahmen vor). Er ist seit 1968 (!!!) für den BBS tätig und hat den Verband in den vergangenen 52 Jahren – das sind 75 % der bisherigen Verbandszeit überhaupt – als Jugend-, Sport- und Lehrwart und seit 2010 als Vizepräsident Breitensport geprägt. Bernhard Kurz ist damit eine zentrale Figur der BBS-Verbandsgeschichte.
Ein Meilenstein in der Entwicklung des Behinderten- und Rehabilitationssports waren die ersten Vereinbarungen mit den Krankenkassen, Berufsgenossenschaften und Versicherungsanstalten (Gesamtvereinbarung) zu Beginn der 1980er Jahre über die Unterstützung von ambulanten Sportangeboten in Sportvereinen für Menschen mit einer Behinderung, Menschen mit chronischen Erkrankungen und Menschen die von einer Behinderung bedroht sind. 20 Jahre später, im Jahr 2001, wurde der Anspruch auf Rehabilitationssport dann im Sozialgesetzbuch festgeschrieben und war damit fortan keine „Kannleistung“ mehr, sondern eine verpflichtende Aufgabe der Kostenträger des Rehabilitationssports. Auch die positive Mitgliederentwicklung des BBS der letzten beiden Jahrzehnte ist sicherlich auch auf diese Gesetzesänderung zurückzuführen, die mit der Rahmenvereinbarung von 2011 bis in die heutige Zeit hinein wirkt.
Mit der Präsidentschaft von Günter Pfullendörfer (Offenburg/1993 bis 2010), - er stand dem Verband bislang am längsten vor -, wurde auch die Entwicklung des Verbandes vom rein ehrenamtlich geführten Verband hin zu einer hauptamtlich geführten Geschäftsstelle mit Michael Eisele als erstem Geschäftsführer des Verbandes und der Geschäftsstelle in Hügelsheim eingeleitet und erfolgreich vollzogen. Zu Beginn der Amtszeit von Günter Pfullendörfer zählte der BBS 13.000 Mitglieder, 2010 waren es knapp 24.000 in 288 Vereinen.
Im Juli 2003 verließ der BBS nach zehn Jahren Hügelsheim und bezog die neuen, barrierefreien Geschäftsräume in Baden-Baden Sandweier – zunächst als Mieter. Nach dem anfangs nur etwas mehr als die Hälfte der unteren Etage angemietet wurde, wuchs der Bedarf stetig und schon einige Jahre später war der BBS Mieter des gesamten Hauses. 2009 wurde dem BBS das Gebäude zum Kauf angeboten. Aufgrund eines jahrzehntelangen guten und soliden Wirtschaftens, konnte dies dann im Jahr 2010 mit Unterstützung des Badischen Sportbunds Freiburg auch realisiert werden.
Eine überaus prägende Phase für den BBS wurde mit der Präsidentschaft von Dr. Erwin Grom (Breisach/2010 bis 2018) eingeleitet. Ihm gelang es u.a., den BBS mit seiner ganz besonderen und spezifischen Aufgabenstellung im organisierten Sport in Baden-Württemberg aus seinem „Nischendasein“ herauszuholen und ihn in Freizeit-, Breiten-, Rehabilitations- und vor allem im Leistungssport gleichberechtigt zu allen anderen Fachverbänden zu positionieren. Dies gilt gleichermaßen für die Wahrnehmung und Zusammenarbeit des BBS mit der Landesregierung, dem Kultusministerium, dem Sozialministerium und den Sozialversicherungsträgern.
Der BBS wuchs stetig weiter, viele Projekte und Ideen wurden zu großen Erfolgen (z. B. „Behindertensport macht Schule“), der Platzbedarf immer größer.
2018 wurde die Geschäftsstelle dann in einer knapp fünfmonatigen Baumaßnahme um ein Stockwerk erweitert, so dass den mittlerweile sechs hauptamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auch zukünftig optimale Arbeitsbedingungen zur Verfügung stehen.
Seit 2018 ist Prof. Dr. Anja Hirschmüller (Freiburg) Präsidentin des BBS. Neben ihr gehören dem Präsidium folgende Personen an:
Vizepräsidentin Annelore Palme (Hemsbach), Vizepräsident Bernhard Kurz (Baden-Baden), Schatzmeister Wolfgang Tremmel (Kuppenheim), Schulsportbeauftragter Hans-Dieter Weidner (Bruchsal), Leistungssportbeauftragter Holger Kimmig (Appenweier), Ehrenpräsident Günter Pfullendörfer (Offenburg) und Geschäftsführer Michael Eisele (Sinzheim).
70 Jahre BBS - 5 Präsidenten - 1 Präsidentin
Michael Eisele