BBS startet Interview-Reihe Inklusion im Sport – Verein(t) für Alle
Interview mit Rolf Jägel, Trainer der „Unzähmbaren Löwen“ vom FV Muggensturm
Euer Verein, der FV Muggensturm, hat mit den „unzähmbaren Löwen“ seit rund 13 Jahren eine inklusive Fußballmannschaft mit Spielern mit geistiger Behinderung. Die Mannschaft setzt sich aus Spielern im Alter von 12 bis 55 Jahren zusammen. Wie oft trainiert Ihr normalerweise in der Woche?
Antwort: Fußballtraining findet einmal wöchentlich für 90 Minuten statt. Zusätzlich treffen wir uns einmal wöchentlich von März bis Oktober zum Lauftraining (walken und joggen) über moderate Strecken von ca. 5 km. Hier machen allerdings nur 6 Jungs mit. (Es ist halt kein Ball dabei)
Sportvereine mussten nun längere Zeit pausieren und Mannschaften oder Trainingsgruppen auf den gemeinsamen Sport verzichten. Wie hat sich die „Corona-bedingte“ Trainingspause auf die Spieler und die Mannschaft ausgewirkt? Habt ihr Möglichkeiten gefunden, dennoch in Kontakt zu bleiben?
Antwort: Wir sind übergangslos von der Corona-, in die Sommerpause gegangen. Zum einen, weil es derzeit einfach zu heiß ist für Fußball, zum anderen um noch etwas Zeit zu gewinnen bis die gesamte Lage stabiler geworden ist. Die Pause, besonders am Anfang, war für alle recht schwierig. Es fehlte halt der wöchentliche Fußball. Einige durften über Wochen nicht das Wohnheim verlassen. Kontakt konnte durch WhatsApp und Telefonate gehalten werden, dadurch entstand ein Austausch von Nachrichten und Informationen zum Thema Fußball und Privates. Besuche im Wohnheim oder Treffen mit den Jungs waren nach Absprache möglich und wurde von allen hoch erfreut aufgenommen. Ab Mitte Mai durfte jeder der mitmachen wollte, einen kleinen Videoclip aufnehmen lassen, der ihn beim Jonglieren mit Ball oder einer Klopapierrolle zeigte. Die Clips wurden dann zu einem kleinen Video zusammengesetzt und via WhatsApp an alle verteilt. Ab Mitte Juni starteten wir wieder mit unserem Lauftreff. Dieser ist einfacher zu organisieren und die Abstandsregeln stellen kein Problem dar.
Ab 01. Juli dürfen in Baden-Württemberg wieder Trainingseinheiten mit bis zu 20 Personen stattfinden. Trainiert Ihr seither wieder oder wann ist die Wiederaufnahme des Trainings geplant?
Antwort: Kontaktsport ab dem 01.07. ist zwar wieder möglich, allerdings ist es für uns sehr schwierig die weiter geltenden Hygieneverordnungen vor und nach dem Training einzuhalten. Zum Beispiel muss immer noch auf den Abstand zueinander geachtet werden. Besonders beim Umkleiden und Duschen ist es fast unmöglich diese Regeln einzuhalten. Daher haben wir uns entschlossen, zunächst noch den Juli abzuwarten. Trainingsbeginn ist für Mitte August geplant.
Gab es Herausforderungen oder Hürden, die die Wiederaufnahme des Trainings (unabhängig von der Corona-Sportstättenverordnung) beeinflusst haben?
Antwort: Da bei unseren Fußballern einige Risikopatienten dabei sind, war bzw. ist auch heute Vorsicht gegeben, sodass wir lieber noch etwas mit dem Trainingsbeginn warten.
Die Corona-Sportstätten-Verordnung gibt bestimmte Regelungen zum Vereins- und Mannschafts-sport vor. Inwieweit beeinflusst das Eure Trainingseinheiten oder Euch als Mannschaft?
Antwort: Würden wir trainieren, wäre die größte Herausforderung das Organisieren des Umkleide- und Duschbetriebes sowie die Einhaltung der Abstandsregelungen. Einige sind es gewohnt sich vorher in der Kabine gemeinschaftlich umzuziehen und nach dem Training duschen zu gehen. Ferner war es während der „Haupt-Corona-Zeit“ nicht möglich Fahrgemeinschaften zu bilden, um die Jungs abzuholen und wieder nach Hause zu bringen.
Wie ist die Stimmung aktuell und was zeichnet Eure inklusive Fußballmannschaft aus?
Antwort: Die Stimmung innerhalb der Mannschaft ist gut, derzeit sind einige mit ihren Wohnheimen auf Kurzurlaub. Da seit Mitte Juni die Werkstätten und Schulen wieder geöffnet haben, können sich alle wiedersehen und austauschen.
Was macht den Sport mit Menschen mit geistiger Behinderung so besonders?
Antwort: Trotz teilweise eingeschränkter Möglichkeiten, ist es bewundernswert, wie unsere Kicker ihren Fußball leben und spielen, eigentlich immer da sind, Niederlagen nicht ganz so eng sehen und immer unvoreingenommen für alles Neue sind. Vor allem die Freude und Herzlichkeit, die jeder ausstrahlt, weil er in die Welt des Fußballes eintauchen darf, macht den Sport mit Menschen mit geistiger Behinderung so besonders!