Para Ski nordisch: Generalprobe für Pyeongchang
Beim Heimweltcup in Oberried konzentriert sich das Nordic Paraski Team Deutschland weitgehend auf die Biathlon-Rennen. Auch der Nachwuchs ist am Start. Weniger als zwei Monate vor der Eröffnung der Paralympischen Spiele 2018 in Pyeongchang ist die Weltspitze im Para Skilanglauf und Biathlon zu Gast im Schwarzwald. Zum Weltcup des Internationalen Paralympischen Komitees (IPC) in Oberried haben sich Athleten aus 30 Nationen angemeldet, darunter auch welche aus dem Iran und aus Nordkorea. Die deutschen Fahnen wollen am Notschrei 14 Sportler vertreten. Für die besten unter ihnen ist es die Generalprobe vor dem Saisonhöhepunkt in Südkorea.
Vor allem ein Trio erlebt in Oberried zudem ein echtes Heimspiel. Martin Fleig, Vivian Hösch und Nico Messinger vom Ring der Körperbehinderten Freiburg hoffen bei den Wettkämpfen zwischen Samstag, 20. Januar, und Sonntag, 28. Januar, auf besonders viel Unterstützung von Freunden und Bekannten. „Das motiviert zusätzlich. Es ist toll, auf heimischen Strecken laufen zu können“, sagt Hösch, die begleitet von ihrem Guide Florian Schillinger (SV Baiersbronn) bei den Frauen mit Sehbehinderung um die Podiumsplätze mitlaufen und ihre positiven Leistungen vom Weltcup-Auftakt im kanadischen Canmore bestätigen will.
Einen guten Eindruck hinterlassen wollen auch Fleig und Messinger. Fleig, 2017 Doppelweltmeister im Sitzski, hatte deshalb zuletzt hauptsächlich einen Wunsch: Nicht wieder wie vor vier Jahren beim letzten Auftritt vor der eigenen Haustür kurzfristig krank werden. Bei Nico Messinger (mit Guide Lutz Klausmann vom SV St. Georgen) steht die Frage im Raum, inwieweit ihn die Beinverletzung, an der er seit längerem laboriert, weiterhin beeinflusst.
Clara Klug vom PSV München hat vom ersten Weltcup des Winters im Dezember eine Kapselverletzung am Daumen mitgenommen, die ihr immer noch leichte Probleme bereitet. Gemeinsam mit Heimtrainer und Guide Martin Härtl (SK Nesselwang) ist sie in Oberried am Start, verzichtet aber auf die Langlauf-Rennen am Samstag, Sonntag und Dienstag. Für die darauffolgenden Biathlon-Wettkämpfe plant sie dagegen fest. „Ich hätte gerne meine Schießform der vergangenen Saison wieder“, sagt die 23-Jährige, die vor einem Jahr im bayerischen Finsterau zweimal WM-Silber und einmal WM-Bronze holte.
Schießübungen standen zuletzt auch verstärkt für Andrea Eskau (USC Magdeburg) an. Die 46-Jährige aus dem rheinischen Elsdorf hatte in Canmore im Schlitten alle drei Langlauf-Rennen gewonnen, beim Biathlon aber hakte es – auch wegen einer nicht einwandfrei funktionierenden Waffe, wie sich hinterher herausstellte. Mit neuem Gerät ging es nun ins Sondertrainingslager. „Das war wichtig für die Sicherheit“, sagt sie. „Ich hoffe, ich kann die Leistungen umsetzen.“
Für die zweite Deutsche bei den Frauen sitzend war der Start in den Winter nicht optimal. Anja Wicker vom MTV Stuttgart warfen in Kanada gesundheitliche Probleme zurück. „Jetzt wäre es schön zu sehen, dass die Form in die richtige Richtung geht“, sagt die 26-Jährige. Eine Verbesserung im Vergleich zu Canmore strebt auch Alexander Ehler (SV Kirchzarten) an. Der 48-Jährige genoss zum Saisonauftakt seinen ersten Weltcup nach drei Jahrzehnten Pause und musste sich erst wieder zurechtfinden. Die Auftritte waren ordentlich, bei seinem zweiten Weltcup aber soll es noch besser laufen. „Ich will mich steigern“, sagt der Emmendinger.
Interne Konkurrenz bekommt Ehler von mindestens einem weiteren Starter in der stehenden Konkurrenz. Steffen Lehmker (WSV Clausthal-Zellerfeld) plant in Oberried den Langlauf über die Langstrecke und die drei Biathlon-Rennen zu absolvieren. In Kanada ließ er mit einem vierten Rang aufhorchen. „Wenn ich das bestätigen könnte, wäre das prima“, sagt der Bad Bevenser. Marco Maier (SK Nesselwang), ein weiterer deutscher Steher, wäre in Oberried auch sehr gerne dabei. Der 18-jährige Allgäuer muss aber hoffen, dass das IPC seine Entscheidung aus dem Dezember 2016 revidiert, dem Nachwuchsmann mit Hinweis auf Zweifel an seinem Behinderungsgrad die Starterlaubnis zu entziehen. Das deutsche Team trat diesem aus seiner Sicht nicht nachvollziehbarem Urteil mit einem eigenen medizinischen Gutachten entgegen.
Sein Weltcup-Debüt gibt am Notschrei Patrik Fogarasi. Der 42-Jährige aus dem sächsischen Frankenberg, der für den SV KIrchzarten aufläuft und beim WSC Erzgebirge Oberwiesenthal trainiert, trat zuletzt als ParaKanut in Erscheinung und holte im Kajak einen 9. Platz bei der Weltmeisterschaft 2015 und im selben Jahr einen 8.Platz bei den Kontinentalwettkämpfen. Die Premiere im Schnee sieht er „als Chance, in den neuen Sport hineinzuschnuppern“. Aus dem Kader des für den Nachwuchs zuständigen Bundestrainers Michael Huhn sollen zudem Mathias Köhler, Johanna Recktenwald, Benjamin Rüdiger und Sven Henrich dabei sein. Weitere Talente starten aufgrund ihres noch zu jungen Alters außer Konkurrenz.
Mit Spannung erwartet werden dürfte in Oberried der Zweikampf der beiden Nationen, die in der jüngeren Vergangenheit den Para Skilanglauf und Biathlon dominierten: Während die Ukraine erstmals in dieser Saison bei einem Weltcup mitmischt, waren die Russen schon in Canmore am Start – allerdings infolge der Dopingenthüllungen des McLaren-Reports unter neutraler Flagge. Auch am Notschrei werden sie als NPA (Neutral Paralympic Athlets) geführt, russischen Offiziellen ist eine Teilnahme nicht gestattet.
Ob der seit Sommer 2016 suspendierte Verband und seine Sportler in Pyeongchang dabei sein dürfen, will das Internationale Paralympische Komitee unmittelbar nach dem Weltcup in Oberried bekanntgeben. Im internationalen Sportlerkreis regt sich Widerstand gegen eine mögliche Teilnahme russischer Langläufer und Biathleten, die im McLaren-Report genannt sind. „Wir hoffen auf die richtige Entscheidung des IPC im Sinne der Fairness“, sagt der deutsche Bundestrainer Ralf Rombach.
Angesichts der starken Konkurrenz in Oberried ordnet Rombach die Resultate den individuellen Leistungseindrücken unter. Nach dem Weltcup und der Bekanntgabe der Nominierten für die Spiele von Pyeongchang reist der Kader zum Trainingslager nach Livigno. Auf eine Teilnahme beim Weltcup-Finale im finnischen Vuokatti Anfang Februar verzichtet das Team.
Quelle: Ben Schieler / DBS