Tischtennis: Hartmud Freund/BSV Walldorf holt zweimal Edelmetall
Der geistig behinderte Tischtennis-Sportler Hartmut Freund vom BSV Walldorf ist mit zwei Paukenschlägen ins Sportjahr 2016 gestartet. Er errang beim Weltranglistenturnier der ITTF in Lignano mit Kemal Gayfullin aus Russland Silber im Team und war damit erfolgreichster deutscher Sportler in der Mannschafts-Konkurrenz. Kurz zuvor hatte er die Malmö Open gewonnen.
Den Grundstein für den Überraschungscoup in Lignano legte das deutsch-russische Duo in der Partie gegen Paralympics-Sieger Peter Palos (Ungarn) und den Türken Utku Caberoglu. Freund und Gayfullin gewannen das Eingangsdoppel klar. Nachdem Palos durch einen 3:0-Sieg gegen Gayfullin zum 1:1 ausgeglichen hatte, fiel im Einzel von Freund gegen Caberoglu die Entscheidung. Dabei lag der Deutsche, der im Behindertensport für den BSV Walldorf und im Regelsport für den TTC Bietigheim-Bissingen startet, bereits 0:2 nach Sätzen zurück. In einem dramatischen Spielverlauf gelang es Freund jedoch immer besser, die brandgefährlichen Topspins des türkischen Linkshänders zu blocken, sodass er am Ende mit 11:8 im fünften Satz die Nase vorn hatte.
Danach schlugen Gayfullin und Freund ein rein türkisches Team, das von Ex-Europameister Garip Olcas angeführt wurde, souverän mit 2:0. Später unterlagen sie erwartungsgemäß der Nr. 1 und der Nr. 5 der Weltrangliste, Florian Van Acker (Belgien) und Andrii Navrotskyi (Ukraine), die bei dem Turnier an der italienischen Adriaküste Gold holten. Die Silbermedaille ist die sechste Medaille für den geistig behinderten Sportler seit Einführung der Startklasse 11 (intellektuelle Behinderung) bei Weltranglistenturnieren der ITTF vor vier Jahren. Zugleich war er damit der erfolgreichste Spieler des Deutschen Behindertensportverbands (DBS) in der Team-Konkurrenz der Lignano Master Open. Alle anderen vom DBS gemeldeten Sportler waren körperbehindert.
Im Einzel-Wettbewerb war der Sportler des Badischen Behinderten- und Rehabilitationssportverbands (BBS) beim Turnier in Lignano gegen Van Acker und Olcas ausgeschieden. Im Match gegen den Weltranglistenersten und späteren Turniersieger Van Acker zeigte Freund jedoch einen furiosen Fight, den das Publikum mit lang anhaltendem Beifall belohnte. Rekordverdächtiger Höhepunkt war ein 95 Sekunden dauernder Ballwechsel in der Verlängerung des zweiten Satzes. Ein Best-of-Video dieser spektakulären Partie ist auf youtube abrufbar. https://www.youtube.com/watch?v=-AewJgWVqT4
Unmittelbar zuvor hatte Freund die Malmö Open in seiner Startklasse gewonnen. Er setzte sich in dem 19-köpfigen Starterfeld in seiner Wettkampfklasse gegen Sportler aus Dänemark, Schweden, England, Serbien, Bosnien und Island durch. Für ein Ausrufezeichen hatte der geistig behinderte Sportler bereits am Vortag gesorgt, als er in der offenen Klasse gegen die stärksten körperbehinderten Spieler antrat. Dabei besiegte er die Vizeweltmeisterin und siebenfache Europameisterin im Rollstuhl-Tischtennis (Startklasse 5), Ingela Lundbäck (Schweden). Die Malmö Open sind nach den Paralympics das größte Sportevent für Leistungssportler mit körperlicher oder geistiger Behinderung. Über 2000 Sportler nahmen an dem Behindertensportfest teil.
Text: Norbert Freund